Wer von diesem Wasser trinkt, wird wieder Durst bekommen; wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, wird niemals mehr Durst haben; vielmehr wird das Wasser, das ich ihm gebe, in ihm zu einer Quelle werden, deren Wasser ins ewige Leben fließt.
Johannesevangelium 4,13-14
Jesus begegnet am Brunnen vor der Stadt einer Frau und beginnt ein Gespräch über das Wasser. In erster Linie handelt es sich dabei um eine Begegnungsgeschichte zwischen zwei Menschen. Aus oberflächlichem Smalltalk wird aber schnell eine Unterhaltung über das Wasser, die viel tiefer geht. Aus dem Wasser zum Löschen des Durstes wird plötzlich ein Gespräch über das Wasser des Lebens. Wasser bedeutet Leben. Das gilt gerade in der Wüste auch in einem sehr wörtlichen Sinn. Ohne Wasser ist Leben, sind Siedlungen und Städte nicht möglich. Doch gerade in der Wüste wird auch sichtbar, wie Wasser das Leben der Natur verändert. In einer Oase mit einer Quelle entsteht plötzlich Leben.
Gespräch zeigt der Frau Wasser des Lebens
Das Gespräch mit Jesus verändert das Leben der Frau. Sie beginnt langsam zu verstehen, was er ihr sagen will. Wasser führt zu Leben. Dieses Leben entfacht in ihr eine Quelle, die fließt und die Trockenheit ihrer Seele tränkt. So erweckt Jesus in der Frau eine Sehnsucht nicht nur nach dem Wasser des Brunnens, sondern nach dem Wasser, das zur Quelle in ihr wird. Dieses Wasser fließt zu den Menschen ihrer Stadt, die sich von der Quelle in der Frau anstecken lassen. Sie wollen diesen Menschen treffen, der das Leben der Frau, die sie alle kennen, veränderte.
Was hat er bloß mit dieser Frau gemacht, die sie als zurückgezogen und eher als eine Außenseiterin kennen? Plötzlich scheint sie voller Lebensfreude. Sie kann sich kaum zurückhalten, wenn sie von diesem Mann draußen am Brunnen erzählt. Kann es eine solche Veränderung tatsächlich geben? Aus den Fragen wird langsam ein Suchen, eine Sehnsucht. Auch sie wollen hinausgehen und diesen Menschen treffen. Siehe da, diese Begegnung verändert auch ihr Leben. So beginnt auch in ihnen eine Quelle aufzubrechen, von deren Existenz sie vielleicht nichts ahnten.
Begegnung öffnet Quellen und schafft Leben
Wir begegnen in unserem Alltag vielen Menschen, an denen wir achtlos vorübergehen. Doch manchmal treffen sich Blicke, taucht ein Lächeln auf und aus dem Vorübergehen wird eine Begegnung. Es liegt an uns, in dieser Begegnung Wasser fließen zu lassen. Dabei hängt es gar nicht von der Dauer dieser Begegnung ab. Schon nach ein paar Sekunden Blickkontakt kann dieses Wasser zu fließen beginnen. Es geht darum, mit offenen Augen, mit offenem Herzen durch die Welt zu gehen. In einem geöffneten Herzen kann das Wasser überspringen. Da kann das Wasser zu einer sprudelnden Quelle werden. Doch dürfen wir diese Begegnung nicht vorschnell verzwecken. Wir wollen Begegnung um der Begegnung willen. Ansonsten schließt sich unser Herz nämlich ganz schnell. Wir möchten doch so angenommen werden, wie wir sind. Wir wollen als Mensch ernstgenommen und verstanden werden. Vielleicht ist es ja genau diese Annahme der Frau am Brunnen, die ihr Leben verändert und das Wasser in ihr sprudeln lässt.
Wie sieht es also bei uns selbst aus? Haben wir genug Wasser zum Leben? Woher bekommen wir unser Wasser? Zu welchem Brunnen sind wir Tag für Tag unterwegs? Begleitet uns nicht die Sehnsucht, dass wir in uns eine Quelle finden? Sehnen wir uns nach Begegnungen, in denen wir einfach wir selbst sein dürfen? Einfach sein, ohne Leistung, ohne Rücksicht auf die Erwartungen anderer, einfach nur sein, einfach nur ausruhen. Dann werden wir erleben, wie plötzlich in uns selbst eine Quelle hervorbricht, die uns tränkt und stärkt. Dann sind wir nicht mehr abhängig von der Meinung anderer, sondern wissen unseren Selbstwert in Gott verwurzelt. Das Wasser des Lebens bricht aus uns heraus und verwandelt die Menschen, mit denen wir zu tun haben.
Für die Zeit der Vorbereitung auf Ostern wünsche ich uns allen solche Begegnungen, die in uns zum Wasser des Lebens und zur sprudelnden Quelle werden. Ich wünsche uns, dass wir in uns den Wert erkennen, den Gott in uns gelegt hat. Ich wünsche uns, dass wir zur Quelle und zum Wasser des Lebens für andere werden.
Herzlichen Dank lieber Andy für die wertvolle Interpretation dieser Schriftstelle!!! Ja ich darf Quelle sein, daher habe ich vor 19 Jahren ein Grundcurriculum zur Ausbildung von PilgerbegleiterInnen entwickelt. „Ins Wasser fällt ein Stein und der zieht doch heimlich Kreise …) Tiefe Dankbarkeit erfüllt mich beim Gedanken, wieviele unzählige Menschen in all den Jahren spirituelle Begleitung auf ihren Lebenspilgerwegen erfahren durften!