Menschen träumen von einem gelungenen Leben, sie träumen, dass ihr Leben einen Sinn hat und einen Unterschied macht. Ganz tief in uns spüren wir eine Sehnsucht, die uns antreibt, unseren je eigenen Weg zu gehen. Wir sprechen davon, den Sinn unseres Daseins zu erkennen, der uns Leben in Fülle verheißt. Wo immer sich diese Sehnsucht in unserem Leben erfüllt, haben wir unsere Berufung gefunden. Doch wie finden wir unsere je eigene Berufung?
Berufung in der Gesellschaft
Jahrhundertelang war es üblich, dass die Gesellschaft oder die Familie definierte, welchen Beruf man auszuüben hatte. Individuelle Begabungen oder Vorlieben spielten dabei eine untergeordnete Rolle. Wenn Deine Eltern Bauern waren, wurdest Du Bauer. Wenn Deine Eltern Tischler waren, wurdest Du Tischler. Kinder von Lehrern oder Polizisten wurden wieder Lehrer oder Polizisten. Mit der Geburt in eine bestimmte Familie war auch der eigene Lebensweg vorgezeichnet.
Auch wenn wir diese Form der Berufsfindung aus ideologischen Gründen in eine längst vergangene Zeit schieben wollen, zeigen Studien noch heute, dass der Prozentsatz an Maturanten signifikant höher ist, wenn bereits die Eltern eine Matura abgelegt haben. Auf der anderen Seite beginnen Jugendliche eher eine Lehre, wenn bereits die Eltern einen Lehrberuf hatten. Es gibt also auch heute eine soziale Komponente in unserem Bildungssystem und damit in der Berufs- und Berufungswahl.
Berufung als Leben in Fülle
Mit der zunehmenden Individualisierung unserer Gesellschaft haben sich natürlich auch die Anforderungen an unseren Beruf oder unsere Berufung geändert. Wir wollen ein selbstbestimmtes Leben führen und dazu gehört eben auch die freie Berufswahl. Damit diese aber in jungen Jahren bereits möglich ist, gibt es Berufsinformationsmessen, Studienmessen oder auch verschiedene Interessens- oder Begabungstests. Man möchte ja schließlich die richtige Entscheidung treffen. Denn verbunden mit der Individualisierung erleben wir heute eine noch nie dagewesene Angst, sich falsch zu entscheiden.
Neben all diesen Tests, die uns bei der Entscheidung helfen sollen, geht es auch darum, dass mich der Beruf, den ich ergreife, ernähren soll. Falls er etwas mehr Geld abwirft, schadet es aber auch nicht. Daher bekommen die Verdienstmöglichkeiten eine wichtige Rolle bei der Wahl des richtigen Berufes, der richtigen Berufung. Doch viele Menschen verstehen erst viel zu spät, dass Geld kein sinnstiftender Faktor in unserem Leben ist.
Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben.
Johannesevangelium 10,10
Damit wir unser Leben als gelungen und erfüllt erleben, brauchen wir neben der notwendigen sozialen Absicherung auch einen Sinn in unserem Leben, in unserem Tun. Jesus spricht im heutigen Evangelium davon, dass er dieser Sinne unseres Lebens sein möchte. Seine Botschaft verschafft meinem Leben einen letzten Sinn, der sogar über diese Welt hinausreicht. Auch wenn daraus niemals eine Vertröstung auf „später“ oder „Ewigkeit“ werden darf, entsteht für mich Sinn, wenn ich mich jetzt an der Botschaft und dem Leben Jesu orientiere.
Aus der Botschaft Jesu heraus wird auch deutlich, wie ich meinen Beruf ausüben möchte. Die Botschaft ist aber nicht auf einen einzigen Beruf beschränkt. Es geht vielleicht gar nicht so sehr um das „Was“, sondern um das „Wie“ unserer Berufsausübung.
Leben in Fülle
Auch wenn unser Beruf einen ganz entscheidenden Anteil an unserer Berufung hat, so dürfen wir sie aber nicht darauf beschränken. Tausende Menschen schöpfen Sinn in ihrem Leben aus einem ehrenamtlichen Engagement. Ob als Sanitäter beim Roten Kreuz, bei der Feuerwehr oder in der Pfarre erleben Menschen, dass im Helfen anderer auch ihr Leben Bedeutung bekommt. Sie spüren in diesem Engagement Leben in Fülle. Menschen engagieren sich ehrenamtlich in verschiedenen sozialen und kirchlichen Vereinen und Gruppen und erleben, dass sich darin ihr Leben bereichert und sie Erfüllung erfahren. Die Gemeinschaft einer Pfarre wäre ohne das Engagement so vieler Ehrenamtlicher gar nicht möglich. Dafür möchte ich hier Danke sagen und wünsche uns allen, dass wir aus unserem Engagement in unserer Pfarre Leben in Fülle spüren.