Ganz ehrlich gesagt würde man sich wohl andere Bibelstellen wünschen für die erste Predigt in einer neuen Pfarre. Doch denke ich, dass wir auch aus diesen beiden Stellen etwas mitnehmen können, wenn wir gemeinsam unterwegs bleiben.
Opfer
Die Lesung beginnt mit einem ganz besonders schwierigen Thema: uns selbst – unseren Leib – als lebendiges und heiliges Opfer darzubringen. Das deutsche Wort “Opfer” drückt zwei unterschiedliche lateinische Begriffe aus:
victimus bezeichnet das Opfer im Sinne von Verkehrsopfern oder Opfer bei Naturkatastrophen. Wenn wir im Christentum von Opfer reden, hat das damit genau gar nichts zu tun.
sacrificium bezeichnet das Opfer im religiösen Sinn. Wenn wir dieses Wort ins Deutsche übertragen, dann heißt es so viel wie “heilig oder ganz machen” (sacrum – facere). Ein derartiges Opfer wird von den Menschen im Tempel dargebracht. Ein Tier (Opfertier) wird geschlachtet und (meist) verbrannt. Das Fleisch wurde gemeinsam verzehrt (Opfermahl). Opfer hat hier viel mit Fest feiern, mit Gemeinschaft zu tun, nicht so sehr mit Verzicht oder Aufopferung. Als Gemeinschaft versammelt feiern die Menschen die Liebe Gottes. Diese Feier bezeichnen sie als Opfer – als heilig oder ganz machend.
Wenn wir dieses Fest, dieses Opfer gemeinsam feiern, dann wird das unser Leben verwandeln, schreibt Paulus weiter. Im Hinhören auf Gottes Wort können wir immer mehr seinen Willen erkennen für unsere Gemeinschaft und für uns selbst. So erleben wir das Gute, Wohlgefällige und Vollkommene, so erleben wir Gott selbst in unserer Mitte.
Gemeinsam unterwegs
Mit diesem Vorbemerkungen wagen wir uns nun an das Evangelium. Wir erinnern uns: Am vergangenen Sonntag haben wir vom Messiasbekenntnis des Petrus gehört. “Für wen hält ihr mich?” fragt Jesus seine Jünger. Das heutige Evangelium schließt direkt daran an. Petrus erlebt eine harte Landung nach dem Lob vom vergangenen Sonntag. “Wenn einer hinter mir hergehen will, verleugne er sich selbst, nehme täglich sein Kreuz auf sich und folge mir nach.” (Mt 16,24) Könnte Selbstverleugnung nicht auch heißen, am Boden zu bleiben, zu erkennen, dass es um den Willen Gottes und nicht meinen eigenen Vogel geht? Könnte dann das eigene Kreuz nicht die eigene Wirklichkeit bedeuten, sich selbst ernst zu nehmen und nicht hinter jeder Modeerscheinung oder jedem Zeitgeist sofort den Heiligen Geist zu sehen? Nachfolge würde dann das Annehmen der eigenen Wirklichkeit bedeuten. Gerade in der heutigen Zeit mag diese Suche nach dem eigenen „ICH“ ohne Social Medias einen ganz besonderen Wert haben.
In den kommenden Wochen und Monaten werden wir gemeinsam in der neuen großen Pfarre Mühlviertel-Mitte einige Entscheidungen treffen müssen, bei denen wir auch gemeinsam hinhören wollen auf den Willen Gottes, der sich im Guten, im Wohlgefälligen und Vollkommenen zeigt. Ich möchte uns heute alle einladen, dass wir uns gemeinsam auf diesen Weg machen. Ich bin ganz fest davon überzeugt, dass wir auf diesem Weg auch Gott selbst erleben und erfahren werden, weil er uns versprochen hat, bei uns zu sein alle Tage unseres Lebens.