Trotz der Osterbotschaft der Frauen ist die Stimmung bei den Jüngern immer noch im Keller. Die Jünger werden sich in ihrer Trauer immer wieder dieselben Geschichten von Jesus erzählt haben. Sie werden ihre Hoffnungen ausgetauscht haben, die sie mit diesem Wanderprediger verbanden. Doch manchmal besteht die Gefahr, wenn man nur im engsten Kreis dieselben Geschichten immer und immer wieder erzählt, dass man sich in eine Spirale redet. Dann muss man aufpassen, dass daraus keine Spirale nach unten wird. Manchmal braucht es Impulse von außen, damit das Gleichgewicht bestehen bleibt. Zwei der Jünger beschließen schließlich, dass sie ausbrechen wollen. Sie machen sich auf den Weg in ein Nachbardorf, 60 Stadien von Jerusalem entfernt. Das ist ein Spaziergang von ein paar Stunden. Auf dem Weg kommen sie hoffentlich auf andere Gedanken.
Auf dem Weg
Es ist tatsächlich oft so, dass wir auf andere Gedanken kommen, wenn wir uns auf den Weg machen. Ich weiß nicht, ob es mit der frischen Luft zusammenhängt, die wir beim Spaziergang atmen oder mit dem Blickwinkel auf die Welt, der sich beim Gehen ständig ändert. Aber ein Spaziergang kann unseren Blick weiten. Auf dem Weg erkennen wir neue Möglichkeiten und Chancen, die uns zuvor verborgen waren.
Auch die beiden Jünger erleben auf dem Weg, dass sich jemand dazugesellt und mitgeht. Plötzlich bekommen sie eine Perspektive von außen. Das hilft ihnen, aus ihrer gefährlichen Spirale auszubrechen. Es ist sicherlich nicht das Fachwissen des Fremden, das sie fasziniert, sondern dass da jemand ist, der ihnen zuhört. Sie können mit ihm erleben, dass sie die ganze Situation auch ganz anders betrachten könnten. Wahrscheinlich werden sich auf dem Weg auch ihre Geschichten verändert haben, die sie von Jesus erzählen.
Am Ziel
Das Gespräch mit dem Fremden tut ihnen gut, deshalb bitten sie ihn zu bleiben. Beim Brotbrechen schließlich erkennen sie in diesem fremden Wegbegleiter Jesus selbst. Doch im selben Augenblick entzieht er sich ihren Blicken. Sie brauchen ihn aber auch nicht mehr. Sie wissen jetzt selbst: Jesus lebt. Jetzt kommt es zur tatsächlichen Begegnung zwischen diesen beiden Jüngern, die nicht mehr ihre Trauer und ihren Schmerz miteinander teilen, sondern ihre Wünsche und Sehnsüchte, die sie noch immer haben. Der Fremde hat ihnen geholfen, über die momentane Trauer hinauszublicken. Sie sehen plötzlich wieder eine Zukunft, über die es sich zu reden lohnt. Sie sehen eine Zukunft, die gelebt werden will. Ihre Kommunikation mag wieder eine Spirale sein, aber jetzt eine Spirale nach oben.
Die beiden machen sich wieder auf den Weg: Sie eilen den Weg zurück nach Jerusalem, weil sie den anderen Jüngern erzählen wollen, was sie erlebt haben. Als sie ankommen, merken sie, dass sich auch hier die Stimmung verändert hat. Sie tauschen ihre Erfahrungen aus und es wird zur Gewissheit: Jesus lebt! Gott hat ihm neues Leben geschenkt.
Wo finden wir Personen, die uns einen Blick von außen geben können? Oft schadet das Feedback von Menschen, die es gut mit uns meinen, nicht. Es kann uns neue Horizonte eröffnen. Ich halte ein Netzwerk von Menschen, die uns zwar kennen, die uns aber trotzdem ehrliches Feedback geben können und wollen, für sehr wichtig, damit wir am Boden bleiben. Für Ostern wünsche uns Menschen, die mit uns gemeinsam auf dem Weg sind. Menschen, die uns in unseren Herausforderungen immer wieder den Blick von außen geben. So können wir eine neue Perspektive in unserem Leben finden. So können wir Gott in unserem Leben entdecken. Ostern kann uns so das Leben in seiner ganzen Fülle schenken.
Frohe Ostern!!
Andy