Das Fest der Bekehrung des Paulus ist tief in der Volksfrömmigkeit verankert. Die Wandlung von Saulus zu Paulus faszinierte zu allen Zeiten die Menschen. Auch wenn die moderne Bibelwissenschaft die beiden Person zumeist als nicht ident interpretiert, so bleibt doch die Faszination.
Bekehrung auf dem Weg
Saulus begegnet uns in der Apostelgeschichte bei der Steinigung des Stephanus. Dort heißt es am Ende, die Menge legte ihre Kleider zu Füßen eines Mannes nieder, der Saulus hieß. Danach lässt er sich vom Hohen Rat Briefe geben, die ihm auch in Damaskus die Verfolgung der Anhänger des neuen Weges ermöglicht.
Auf dem Weg nach Damaskus passiert allerdings etwas Besonderes. Er stürzt zu Boden und hört eine Stimme aus dem Himmel, die ihm zuruft: „Saul, Saul, warum verfolgst du mich?“ Plötzlich kann Saulus nichts mehr sehen und ist auf die Hilfe seiner Begleiter angewiesen, die ihn nach Damaskus bringen. Nach dem Gebet eines Gläubigen, der ihm die Hände auflegt, kann er wieder sehen und nennt sich fortan Paulus.
Für mich ist interessant, dass sich seine Verwandlung auf dem Weg ereignet. Genau der Moment, in dem sich Saulus in Bewegung setzt, etwas Neues beginnt, ist eine Einflugschneise für den Heiligen Geist, um es bildhaft auszudrücken. Im Übergang vom Alten zum Neuen gibt es einen Moment, in dem wir besonders empfänglich sind für Impulse von außen. Der Weg macht uns offen für Neues, er holt uns heraus aus dem Trott des täglich Gleichen und schenkt uns den Mut und die Offenheit, uns auf Veränderungen einzulassen.
Bekehrung als Begegnung
Der Bericht aus der Apostelgeschichte (Kap. 9) beinhaltet insgesamt zwei Begegnungen. Die erste Begegnung ist jene zwischen Saulus und Jesus auf dem Weg. Aus dem Licht hört Saulus diese Stimme, mit der er nicht wirklich etwas anfangen kann. Als Pharisäer ist es für ihn ganz zentral, den Willen Gottes zu tun. Diese Stimme „Warum verfolgst du mich?“ stellt also Saulus als Person in Frage. Sein Anspruch ist es, den Willen Gottes zu tun, nicht ihn zu verfolgen. Diese Begegnung macht Saulus nachdenklich. Seine äußere Blindheit öffnet seine inneren Augen und er kann plötzlich sehen. In dieser Zeit der Reflexion beginnt er sein Leben zu hinterfragen. Der erste Schritt zu seiner Bekehrung ist für Paulus die Erkenntnis, dass er etwas ändern muss. Er mag noch nicht verstanden haben, was sich verändern soll, aber er weiß, dass es so nicht weitergehen kann, dass er der Bekehrung bedarf. Diese erste Begegnung macht Saulus nachdenklich und er reflektiert sein Leben. Diese Nachdenklichkeit macht Saulus aber auch passiv. Er zieht sich von der Außenwelt zurück, weil er mit den Prozessen in seinem Inneren beschäftigt ist.
Zur Bekehrung braucht es auch die zweite Begegnung, jene mit Hananias. Nachdem Saulus bewusst wurde, dass er etwas verändern müsste, damit er wieder Boden unter den Füßen bekommen könne, damit er wieder mit der Außenwelt in Kontakt treten könne, kann er neue Schritte setzen, kann als neuer Mensch weiterleben. Sogar sein Namen – also seine Identität – ändert sich. In der Geschichte wird er vom Saulus zum Paulus. Er wird von einem Christenverfolger zu einem glühenden Verkünder des Evangeliums weit über die Grenzen des Christentums hinaus. Am Ende wird sich die Welt an ihn als Verkünder an die Heiden, als Völkerapostel, erinnern.
Paulus als neuer Mensch
In diesen beiden Begegnungen vollzieht sich für Paulus eine komplette Umkehrung seines Lebens. Es fällt seiner Umwelt anfangs auch gar nicht so leicht, damit umzugehen. Kann man dieser Veränderung wirklich trauen, oder ist es nur ein Trick noch mehr Anhänger des neuen Weges verfolgen zu können. Erst im Laufe der Zeit beginnen die Menschen um Paulus zu verstehen. Dieser Mensch hat sich verändert. In den kommenden Jahren wird Paulus sich auf den Weg zu den Menschen im gesamten Mittelmeerraum machen, um ihnen von diesem Jesus und seiner Bekehrung zu erzählen. Er wird nicht müde, seine Botschaft vom Leben aus dem Tod den Menschen näherzubringen. Es geht ihm darum, den Menschen neue Hoffnung, neue Zuversicht, ja einen neuen Glauben zu geben, der von der Liebe Gottes getragen ist.
Veränderung ist möglich
Das tröstende an diesem Fest ist doch die Feststellung, dass Veränderung möglich ist. Manchmal fühlen wir uns eingeengt, weil Menschen uns in ein fixes Schema pressen wollen. Sie meinen schon vorher zu wissen, wie wir reagieren werden, warum wir uns so verhalten werden. Menschen wollen unseren Spielraum einschränken. Gott setzt uns frei, weil er uns Veränderung zutraut und zusagt. In der Begegnung mit ihm und mit Menschen, die uns gut tun, können wir neu wir selbst werden. Vielleicht ist es ja der Traum, dass wir uns verändern wollen, dass wir frei bleiben wollen, der das Fest der Bekehrung des Paulus in der Kirche so attraktiv macht. Ich wünsche uns an diesem Festtag jene Freiheit, die uns der Heilige Geist schenkt, die Freiheit jeden Tag aufs Neue zu Töchtern und Söhnen Gottes zu werden.